Der Exodus Richtung Türkei und der Umgang mit der türkischen Minderheit im Land gehören zu den wesentlichen Faktoren für den Sturz des Regimes.
Die Kommunistische
Partei in Bulgarien (BKP) betrieb eine widersprüchliche Politik gegenüber der
türkischen Minderheit. Es gab Jahre, in denen man sich um die türkische
Bevölkerung kümmerte, um ihr soziales Leben zu verbessern. Dadurch wollte die
Partei diese Leute für sich gewinnen. Doch Ende der 60-er fing eine
schleichende Assimilierung an. Michail Ivanov, der sich 1989 für die Rechte der
Minderheiten einsetzte, bezeichnet das Verhalten der BKP als eine "Politik
des Zuckerbrots und der Peitsche".
Ende der 60-er
begann das Regime die kulturellen Aktivitäten der türkischen Miderheit stark
einzuschränken. Den Leuten wurde verboten, sich in ihrer Muttersprache zu
unterhalten und Pumphosen zu tragen, die Radiosendung auf Türkisch wurden
abgeschafft. "Anfang der 80-er Jahre blieben den Türken nur ihre Namen
übrig", sagt Michail Ivanov.
Die
Christianisierung der Müslimischen Namen
Aus "Naim
Suleymanoglu" wurde "Naum Schalamanow"
1984 begann die Bulgarisierung der türkischen
Namen. Die Argumente dafür waren unterschiedlich: Einerseits hieß es, dass
diese Leute keine Türken, sondern zum Islam konvertierte Bulgaren seien;
andererseits wollte das kommunistische Regime das Staatsvolk namentlich
vereinheitlichen.
Realpolitisch steckte anderes dahinter. Man fürchtete, dass die Türken nach einer Autonomie streben könnten, nach dem Vorbild von Zypern. Last but not least, versuchte die Kommunistische Partei auf diese Weise, die Aufmerksamkeit der Menschen von der sich immer verschlechternden Lage im Land abzulenken.
Realpolitisch steckte anderes dahinter. Man fürchtete, dass die Türken nach einer Autonomie streben könnten, nach dem Vorbild von Zypern. Last but not least, versuchte die Kommunistische Partei auf diese Weise, die Aufmerksamkeit der Menschen von der sich immer verschlechternden Lage im Land abzulenken.
Hunderttausende
bekamen bulgarische Namen
In den meisten
Fällen gab es kaum Widerstand seitens der Türken. Vereinzelt gab es aber auch
terroristische Reaktionen auf die Bulgarisierungskampagne. Entscheidend für den
Richtungswechsel des Widerstands war die "Türkische Nationale
Befreiungsbewegung in Bulgarien", die heute als "Bewegung für Rechte
und Freiheiten" im bulgarischen Parlament vertreten ist. 1988 begann eine
neue Phase des Widerstands gegen die Assimilationspolitik. Die Türken und die
Pomaken in Bulgarien verbanden ihren Protest mit dem Kampf für mehr Demokratie.
So
wurden Menschenrechtsorganisationen wie die "Demokratische Liga für den
Schutz der Menschenrechte in Bulgarien", die Gesellschaft zur Unterstützung
– "Wien 89", und das Muslimische Streikkomitee gegründet.
"Wir wollen
unsere Namen zurück!"
Im Mai 1989 wurden in
zahlreichen Ortschaften Proteste gegen die aufgezwungene
"Bulgarisierung" organisiert. Der Anlass war die Pariser Konferenz
für Menschenrechte. So wollte die türkische Minderheit die Weltöffentlichkeit
auf ihre Probleme aufmerksam machen. Nach einer Serie von Hungerstreiks Anfang
Mai eskalierten die Proteste und es kam zu mehreren Konfrontationen mit der
Polizei mit neun Toten und 28 Verletzten. Der Exodus
Sie wollen weg
Das Regime setzte auf eine schnellen Exodus
hunderttausender bulgarischer Türken. Die Doppel-Staatsbürgerschaft wurde für
sie eingeführt und die so genannte "Ausreise" wurde
entkriminalisiert. Ab dem 22. Mai wurde die Grenze geöffnet. Gleichzeitig
begann das kommunistische Regime in Sofia auch Aktivisten der demokratischen
Bewegung der Türken und Pomaken massenhaft abzuschieben. Im Land brach eine
Aussiedlungspsychose aus: Die bulgarischen Türken wollten einfach nur weg.
Jan Krcmar, der
damals Reuters-Korrespondent in Bugarien war, erinnert sich: "Die Leute
haben gesagt: sie haben meinen Namen genommen. Sie haben meine Identität
beraubt. Ich will das nicht, ich will weg."
Der
Sturz des Regimes
Am 9. November wurde
Todor Zhivkov seiner Ämter enthoben
Der Exodus hat das Land in eine schwierige
ökonomische Situation gebracht. Gerade die ohnehin vorhandenen wirtschaftlichen
Probleme und die Minderheitspolitik dürften aber entschieden dazu beigetragen
haben, dass der langjährige Staats- und Parteichef am 9. November 1989 durch
eine Palastrevolution aus allen Ämtern entfernt wurde.
Nach dem Sturz des
Regimes übernahm die neue Führungsriege einen neuen Kurs in der
Minderheitspolitik. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei
verabschiedete ein Dokument, das die verfassungsgemäß garantierten
Personalrechte wiederherstellte und den Türken erlaubte, ihre Namen selbst zu
wählen. Die Entscheidung wurde durch ein Gesetz im März 1990 bekräftigt. Es
folgte eine Massenreaktion – bis zum Frühling 1991 hatten etwa 600 000
bulgarische Türken ihre Namen zurück bekommen.
Die bulgarischen
Nationalisten waren allerdings mit der neuen Politik nicht einverstanden. Doch
kam es in Bulgarien nicht zu einem innerethnischen Konflikt. Im benachbarten
Jugoslawien allerdings war es bald soweit.
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